Nach etwa 3.5 Stunden Aufstieg rechnet man mit allem, aber nicht mit einer so wunderbaren Hütte wie die Capanna Cadlimo. Schon von weitem sieht man die knallig roten Fensterläden.

Im Kalender sehen wir ein Wochenende ohne Termine. Eine Seltenheit. So machen wir uns gleich auf die Ideensuche, was wir mit dieser freien Zeit anfagen sollen. Schnell ist klar. Wir gehen ins Tessin. Da gibt es eine Region die nennt sich Bellinzonese e alto Ticino.

In dieser Region findet man inmitten einer wundervollen Bergwelt die Capanna Cadlimo. Eine SAC Hütte, die von Mitte Juni bis Mitte Oktober bewartet wird. Unser Ziel war gesetzt.

Steiler geht es kaum

Wir beschlossen am Samstagnachmittag nach Airolo zu reisen und die Nacht dort im Hotel des Alpes zu verbringen. Dieses Hotel ist gleich neben dem Bahnhof Airolo situiert. So konnten wir am nächsten Morgen mit dem ersten Bus in Richtung Piotta Centrale aufbrechen. Von dort führt eine der weltweit steilsten Funicolare nach Piora. Die maximale Steigung beträgt sage und schreibe 87.8%! Somit ist bereits die Fahrt alleine schon ein Abenteuer. Die Standseilbahn wurde 1917 von der SBB für den Stausee- und Kraftwerksbau erstellt. Seit 1921 transportiert sie bis zu 100 Gäste pro Stunde zum Erholungsgebiet rund um die Bergseen im Val Piora.

Von Piora aus gelangt man ohne grosse Anstrengung in 15min zum Lago Ritom. Bereits hier schlägt mein Herz für die wunderschöne Natur höher. Die Farbe des Sees und die von den vorbeiziehenden Wolken gezauberten Lichtspiele rauben mir meinen Atem. Ein Traum in Blau.

Nach ein paar weiteren Minuten hat man einen Teil des Sees umrundet und der Anstieg in Richtung Capanna Cadlimo beginnt. Es lohnt sich ab und zu einen Blick zurück zu werfen. Die Aussicht zaubert so ziemlich jedem Landschaftsfreund ein Lächeln ins Gesicht.

Der Weg führ direkt amLago Ritom vorbei

Vorbei an diversen Seen, unter anderem dem Lago di Tom und dem Lago Scuro, treffen wir auf eine Herde Kühe welche erstaunliche Kletterfähigkeiten an den Tag legen. Die Welt scheint hier oben noch in Ordnung zu sein.

Der Anstieg ist anspruchsvoll und mit etwas Übung gut machbar. Auf dem Weg suchen wir uns ein windstilles Plätzchen um unser Mittagessen bei einem wunderbaren Ausblick über die Seen zu geniessen.

Lago Ritom & Lago di Tom

Nach einem ausgiebigen uns sehr luftigem Mittagessen erreichen den Lago Scuro. Ein weiteres Juwel auf dieser Wanderung. Scuro ist italienisch und bedeutet „dunkel“. Der See macht seinem Namen alle Ehre. An diesem Punkt entscheiden wir uns dazu noch kurz einen Abstecher auf den Pizzo Taneda zu unternehmen bevor wir zur Capanna Cadlimo weiterwandern.

Abstecher zum Pizzo Taneda

Das bedeutet, dass wir noch einmal etwas mehr als 200 Höhenmeter zu überwinden haben. Es gibt keinen offiziellen Wanderweg, zumindest haben wir keinen gesehen. Aber es hat einige Trampelpfade denen man folgen kann.

Der aufmerksame Leser hat bereits den Schnee auf den Bildern bemerkt. Wir waren zwischen dem 2. und 4. September unterwegs und selbst über den frühen Schnee erstaunt. Und das im warmen Tessin. Von dieser Seite habe ich unseren Sonnenkanton noch nie gesehen.

Auf dem Pizzo Taneda angekommen zücken wir unsere Kameras und machen ein paar Fotos. Wir nutzen die Zeit um uns etwas auszuruhen, bevor wir uns auf den Weg zur Hütte machen.

Der Abstieg zum Lago Scuro ist ein Klacks. Innert 15-20min sind wir wieder unten am See um dann den Aufstieg zur SAC Hütte zu beginnen. Nach ungefähr 800 Höhenmetern und einem ereignisreichen Tag spüren wir langsam unsere schweren Beine. Doch das hält uns nicht davon ab, den letzten Anstieg in Angriff zu nehmen.

Schon von weitem sieht man die wunderschöne Hütte inmitten der felsigen Berglandschaft. Wir freuen uns derweil auf ein wohlverdientes und kühles Bier.

Mächtig und stolz präsentiert sich die Capanna Cadlimo den ankommenden Gästen.

Nur Biofood auf der Capanna Cadlimo

Während wir unser erfrischendes Getränk genossen unterhielten wir uns mit dem Hüttenwart Heinz und seinen zwei Mitarbeitern Roli und Andy. So erfuhren wir, dass Heinz einmal in der Woche frischen Salat und Gemüse vom Bio-Hof und seinem eigenen Garten zur Hütte trägt. Ganze 30kg auf einmal. Auch das Brot wird täglich frisch gebacken. So schmeckte das Abendessen dann noch eine Spur besser.

Nachdem wir uns etwas ausgeruht hatten, inspizierten wir die Hütte und deren Umgebung. Mehrere Massenschläge stehen zur Verfügung. In der Regel sind die 80 verfügbaren Betten an schönen Wochenenden immer ausgebucht.

Ein Hüttenschlafsack ist empfohlen, denn die Bettwäsche wird nicht nach jedem Gast gewaschen. Diese Hüttenschlafsäcke können direkt in der Capanna Cadlimo bezogen werden.

Das Abendessen wird pünktlich serviert. Eine Möglichkeit sich mit den anderen Gästen bekannt zu machen und etwas zu plaudern. Der Salat und die Käseschnitte schmecken hervorragend und man spürt, dass die Gerichte mit viel Liebe und Freude zubereitet wurden.

Nach einem langen Tag sind wir froh, einen ruhigen und gemütlichen Schlafplatz zu haben. Schnell sinken unsere Körper in die Matratzen und die Augen fallen zu. In unseren Träumen sehen wir die Steinböcke, welche sich bei unserem Besuch leider nicht gezeigt hatten.

Die Rückkehr

Früh morgens stehen wir auf und nutzen die grosszügigen Waschräume um uns etwas frisch zu machen. Der Duft des frischen Brotes steigt uns in die Nase und wir stärken uns für unseren Abstieg. Der Marschtee für den Tag steht schon bereit.

Das Wetter hat gedreht. Dicke Wolken hängen über den Gipfeln. Es ist kühl und grau. Wir wählen einen anderen Weg um zurück ins Tal zu gelangen. Nicht ganz so spektakulär wie unser Aufstieg, aber nicht weniger verträumt.

So gelangen wir nach zwei ereignisreichen Tagen wieder nach Airolo von wo wir unseren Heimweg antreten. Die ganze Wanderung wäre auch in einem Tag möglich. Persönlich empfehle ich jedoch, eine Nacht in der Capanna Cadlimo zu verbringen. Denn wie oft hat man schon die Gelegenheit auf 2570m über Meer zu nächtigen?

Video

Ihr mögt lieber einen Film schauen anstatt den Text zu lesen? Könnt ihr haben.