3900 Höhenmeter, 3400m Abstieg und ca 32km Distanz. Die sogenannte Königsroute bietet im schönen Toggenburg auch dem anspruchsvollsten Wanderer eine gute Herausforderung. An einem oder zwei Tagen kann man alle sieben Churfirsten besteigen.

Gut zu wissen: Am Ende des Artikels habe ich ein Video verlinkt, welches die Tour mit bewegten Bildern dokumentiert.

Chäserrugg, Hinterrugg, Schibenstoll, Zuestoll, Brisi, Frümsel und Selun. So heissen die 7 Churfirsten. Und allesamt sind sie über 2200m hoch.

Auf Einladung von Toggenburg Tourismus begebe ich mich am Freitagnachmittag nach Wildhaus in Stump‘s Alpenrose. Ich reise mit dem öffentlichen Verkehr einen Tag vor der grossen Wanderung an, damit ich gut ausgeschlafen am Samstagmorgen in diese Monstertour starten kann.

1. Chäserrugg – der Erste

Wir treffen Norbert, unseren Guide, am Samstagmorgen um 06:00 Uhr vor dem Hotel. Die Stimmung ist so gewaltig, dass ich gleich meine Drohne starte um die ersten Bilder einzufangen. Mit dabei sind Valentin Manhart, Luan Baruti und Toni Butzmann sowie Anja Defila von Toggenburg Tourismus. Nach einer kurzen Einführung zur bevorstehenden Tour marschieren wir in Richtung Chäserugg, unserem ersten Ziel.

Was zu Beginn noch sehr gemütlich scheint, wird schnell zum Abenteuer. Norbert macht keine halben Sachen und führt uns abseits des Wanderwegs bergwärts. „Nur so gewinnen wir ordentlich an Höhenmeter“ – meint er.

Während die Sonne am Horizont steigt, gewinnen auch wir an Höhe. Meter um Meter nähern wir uns dem ersten Gipfel. Nach gut 2.5 Stunden haben wir die ersten 1130 Höhenmeter bewältigt und stehen auf dem Chäserugg. Dem ersten der sieben Churfirsten auf unserer Tour.

Hier besteht noch einmal die Möglichkeit das Trinkwasser aufzufüllen und auf die Toilette zu gehen. Später ist das bis am Abend nicht mehr möglich.

2. Hinterrugg – der Geschenkte

Nach einer kurzen Verschnaufpause geht es bereits weiter auf den zweiten der sieben Gipfel. Den Hinterrugg. Das dauert auch nur knapp 15min. Denn die beiden Gipfel sind sehr nahe zusammen. Darum nennt man diesen auch „Der geschenkte Gipfel“. Wie es sich herausstellt, wird es bei den nächsten fünf Churfirsten nicht mehr so einfach sein.

Von hier haben wir einen tollen Ausblick auf den Chäserugg und die restlichen Gipfel.

3. Schibenstoll – der Scheinheilige

Vom Hinterrugg steigen wir auf der westlichen Seite ab um zum Einstieg des Schibenstoll zu gelangen. Die Westseite liegt noch im Schatten und der Weg sowie die Pflanzen sind mit Raureif belegt. Das macht den Abstieg etwas rutschiger als erwartet. Es ist also Vorsicht geboten. Ganze 680m müssen wir hinunter. Wanderstöcke sind zur Entlastung der Knie und für den besseren Halt empfohlen.

Anstatt dem normalen Wanderweg nach Gluris und Hinterlüchern zu folgen, queren wir das Gluristal. Für das Auge wunderschön. Zum Wandern eher schwierig. Das Gestein hat grosse Spalten und wir müssen uns darauf konzentrieren, die Trittsicherheit nicht zu verlieren. Langsam bahnen wir uns den Weg zum Einstieg.

Wieder am offiziellen Wanderweg angelangt, beginnen wir den Aufstieg zum Schibenstoll. Der Weg zum Gipfel zieht sich sehr in die Länge. Es scheint, als würde der Aufstieg kein Ende nehmen. Knapp eine Stunde später haben wir unseren dritteln Gipfel erklommen. Zeit für eine kurze Pause und etwas zu Essen.

4. Zuestoll – der Herausfordernde

Ende Juni blühen überall die Alpenrosen. Der Blick auf die Berggipfel wird so etwas bunter.

Schon etwas müde von der Tour und mit den bereits geleisteten Höhenmetern steigen wir den gleichen Weg wieder ab. Dort treffen wir auf die Gabelung, welche auch den Einstieg zum Zuestoll markiert.

An diesem Punkt muss ich mir eingestehen, dass mein Rucksack viel zu schwer ist. Zu viel Technik und Kleidung tragen zu den ca. 14kg Gewicht bei. Ich deponiere meinen Rucksack neben dem Wanderweg. Valentin ist so nett und trägt meine Kamera sowie einen halben Liter Wasser für mich auf den Berg. Noch einmal ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle!

Ohne Rucksack wandert es sich viel einfacher und der Aufstieg zum Zuestoll fühlt sich angenehmer an. Auch die Wanderstöcke helfen dabei, die Beine und vor allem die Knie etwas zu entlasten.

Der Weg auf den Zuestoll hat einige sehr ausgesetzte und teilweise mit Drahtseil ausgestattete Kletter-Passagen. Diese erfordern eine gute Trittsicherheit und vor allem eine Schwindelfreiheit. Letzteres kann ich nicht bieten und befinde mich deshalb weit ausserhalb meiner Komfortzone. Den Blick auf den Weg und die Füsse gerichtet, meistere ich auch diese Passagen.

Die Freude den letzten Gipfel des Tages bestiegen zu haben ist gross. Wir geniessen den Ausblick und toben uns kreativ aus.

Danach steigen wir knapp 1000m ab und wandern zum Berghotel Sellamatt, in der wir die Nacht verbringen werden.

Dort dürfen wir uns in der Sonne an einer herrlichen Wurst-Käseplatte stärken. Eine erfrischende Dusche sowie ein Powernap liegt vor dem Abendessen auch noch drin.

Bevor ich mich aber früh ins Bett lege, um meine Batterien zu tanken, schiesse ich noch ein paar Sonnenuntergangsbilder. Denn das Panorama auf den Säntis sowie den Schafsberg ist einfach unglaublich schön.

5. Brisi – der Sanfte

Der zweite Tag der Churfirsten-Tour beginnt ebenfalls sehr früh. Das Morgenessen wird um 05:15 Uhr serviert und der Abmarsch ist für 06:00 Uhr geplant.

Glücklicherweise haben wir die Möglichkeit, persönliche Gegenstände aus dem Rucksack zur Stump‘s Alpenrose transportieren zu lassen. So reduziere ich das Gewicht von rund 14kg auf etwa 8kg (inkl. 2.5l Wasser).

Norbert erklärt uns den Tagesplan und wir starten in Richtung Brisi. Die ersten Kilometer legen wir auf der wunderschönen Alp zurück. Ideal um die Muskulatur und den etwas geschundenen Körper auf Betriebstemperatur zu bringen. Vorbei an vielen Weiden und Hütten treffen wir immer wieder auf neugierige Kühe.

Natürlich lässt es Norbert sich nicht nehmen, uns querfeldein abseits der Wanderwege die Höhenmeter zu bewältigen. Nach knapp 1.5 Stunden befinden wir uns beim Einstieg zum Brisi.

Auch hier heisst es, Kopf runter und durch. Der Pfad ist gut zu begehen. Mit dem leichteren Rucksack wandert es sich ganz befreit. So erreichen wir ohne grosses wenn und aber den fünften der sieben Churfirsten.

Für mich eröffnet sich hier einer der schönsten Ausblicke der ganzen Tour.

6. Frümsel – der Steilste

Der Abstieg vom Brisi ist hart, da wir auf der westlichen Seite des Berges, natürlich abseits vom Wanderweg, absteigen. Über Wiesen und Geröllfelder arbeiten wir uns in Richtung Frümseltal. Dort queren wir wieder „a la Norbert“ bis zum Einstieg des Frümsel. Norbert hat uns über die beiden Tage schon einige Male erzählt, dass der Frümsel der steilste aller Churfirsten ist. Kurz und intensiv – so meinte er.

Mit einigem Respekt stehen wir also am Bergfuss und richten unser Gepäcklager ein. Die meisten haben sich dazu entschieden nur das nötigste auf diesen Gipfel mitzunehmen.

In der Tat ist der Aufstieg sehr steil. Teilweise sind die „Stufen“ mehr als kniehoch. Das verlangt mir einiges an Energie ab. Knapp 45 Minuten später stehen wir etwas erschöpft auf dem sechsten der sieben Churfirsten Gipfel

Nach einer kurzen Erholungsphase machen wir uns wieder auf den Weg. Der Abstieg ist hier für einmal abseits des Wanderwegs sehr angenehm. Die Moosartige Wiesenlandschaft bietet guten Halt und dämpft jeden Schritt.

7. Selun – der Letzte

Nachdem Norbert uns den Weg zum Selun erklärt hat, wird mir klar, dass der letzte Gipfel nicht so einfach zu besteigen ist, wie ich mir das vorgestellt habe. Einerseits müssen wir noch einmal ein Tal queren, welches mit Geröll, Steinformationen und Schneefeldern gespickt ist. Andererseits sind es wieder um die 500 Höhenmeter, die es zu überwinden gilt.

Der erste Einstieg, a la Norbert (abseits des Wanderweges), hat es wahrlich in sich. Steil, rutschig und mit Dornbüschen bestückt. Glücklicherweise haben wir diesen Teil nach gut 15min hinter uns gelassen. Der Rest ist im Vergleich mit anderen Gipfeln „Peanuts“. Mit gleichmässigem Tempo wandern wir auf dem Rücken des Selun zum Gipfel. Die Anstrengungen der letzten beiden Tage machen sich mehr und mehr bemerkbar. Mit dem Ziel vor Augen bezwingen wir einen Höhenmeter nach dem anderen.

Nach all diesen Strapazen ist es ein unglaublich befreiendes Gefühl auf dem letzten Gipfel der sieben Churfirsten anzukommen. Die Anspannung lässt nach und grosse Emotionen machen sich breit. Freude und Schmerz tanzen Hand in Hand durch meinen Körper. Ich lache und weine vor Freude und Erschöpfung. Ein unglaublich schönes Gefühl.

Ein letztes mal laben wir uns an der atemberaubenden Aussicht und lassen unsere Körper ruhen, bevor wir uns auf den letzten Abstieg der Churfirsten-Tour begeben. Dieser ist erstaunlich einfach. Leichtfüssig und stolz wandern wir in eineinhalb Stunden zur Ochsenhütte, unserem finalen Ziel.

Auch hier gibt es eine legendäre und sehr köstliche Wurst-Käse-Platte, welche wir im Nu verdrücken. Kurz darauf zückt Norbert ein paar Umschläge und verteilt diese an alle Teilnehmer. Es ist das Churfirsten Diplom. Wir sind nun alle stolze Bezwinger der 7 Churfirsten Gipfel.

Die Sache mit dem Gewicht

Auf der gesamten Tour treffen wir immer wieder auf Wanderer, welche die Königstour in einem Tag bewältigen (Crazy People!!). Diese sind extrem leicht unterwegs. Leichte Wanderschuhe, Wanderstöcke, Rucksack mit 3-5l Wasser sowie ein paar Nüssen und Power-Riegeln.

Im Gegensatz dazu steht mein ca. 14kg schwerer Rucksack. Darin befinden sich zwei Kameras, drei Objektive, ein Mikrofon, eine DJI Mavic Pro mit Controller, sechs Ersatzakkus für die Kameras sowie drei für die Drohne. Akku für das Handy, Ladegeräte, Ersatzkleidung, Regenjacke, Stirnlampe, Hygiene-Artikel, Sonnencreme, Wasser, Nussmischung, Blevita.

Wenn ich zurück blicke, ist dies zu viel Gepäck. Erstaunlich, dass ich dies so lange mit mir rumtragen konnte. Glücklicherweise hatten wir die Möglichkeit einen Teil unseres Gepäcks bei der Sellamatt abzugeben. Ein Mitarbeiter der Stump’s Alpenrose hat dieses abgeholt und mitgenommen.

Am zweiten Tag wandere ich also nur mit dem nötigsten. Das macht die Tour um einiges einfacher. Vor allem meine Knie haben es mir gedankt.

Packliste

Gerne liste ich euch die aus meiner Sicht absolut notwendigsten Dinge auf, die ihr auf eurer Wanderung dabei haben solltet.

  • Pro Tag ca 2.5 Liter Wasser
  • Wanderstöcke
  • Nussmischung / 2-3 Energie-Riegel
  • Smartphone / Stirnlampe
  • Regenjacke/ Pullover oder Hoodie / Ersatz-T-Shirt, -Unterwäsche und -Socken
  • Kopfbedeckung / Sonnencreme
  • Hygiene Artikel wie Duschmittel, Zahnpasta, Zahnbürste. Aber alles in kleinst möglichen Behältern
  • Falls das Smartphone nicht reicht: Kleine und leichte Kamera um die extravaganten Aussichten bildlich  festzuhalten

Die Churfirsten Tour Route

Ich habe es bereits erwähnt; Norbert führte uns immer wieder querfeldein über Stock und Stein. Das ist nicht nur spektakulärer, sondern hat auch praktische Gründe. Man spart sich einiges an Distanz und Höhenmeter. Ich habe versucht, die Route so gut es geht auf der SchweizMobil Karte abzubilden.Die Route der Churfirsten Tour

Die von mir beschriebene Tour kann man genau in diesem Umfang direkt bei Toggenburg Tourismus buchen. Falls ihr nach meinem Bericht die Lust zum Nachwandern verspürt, schaut direkt beim Angebot rein. Für dieses Jahr sind nur noch wenige Plätze verfügbar. „De Schneller isch de Gschwinder“ würde man jetzt in der Schweiz sagen.

Video

Für alle Stubenhocker habe ich die Churfirsten-Tour in einem Video-Blog (kurz Vlog) zusammengefasst. So könnt ihr euch einen ersten Eindruck der Wanderung verschaffen.

Fazit

Mit grossem Respekt und Vorfreude bin ich in diese Tour gestartet. Mit grossem Respekt vor all jenen, die diese Tour in einem Tag durchziehen, habe ich sie beendet. Ich würde mich als durchschnittlichen Wanderer bezeichnen. Somit hat mich diese Wanderung mehr als nur einmal an meine Grenzen gebracht. Physisch und mental. Das Gefühl auf dem letzten Gipfel zu stehen ist unbeschreiblich. Und genau das ist es, was bleibt. Diese Erinnerung von Stolz, Freude wird für immer bleiben. So auch das Wissen, dass der eigene Körper zu mehr fähig ist, als man ihm zugetraut hat.

Ich empfehle diese Tour jedem, der ein klein wenig verrückt und abenteuerlustig ist. Beim ersten Mal ist ein Guide unabdingbar. So lernt man viel über die Region und die „geheimen“ Abkürzungen.


Anmerkung: Ich wurde von Toggenburg Tourismus zu dieser Tour eingeladen. Die Kosten für die Tour sowie die Anreise wurden bezahlt. Ich habe weder für das Video (Vlog) noch den Blogpost Geld bekommen. Die Meinungen und Aussagen in diesem Artikel sind die meinen.